Digitale Rekrutierungs­kampagne

Wie kommt die neue Rekrutierungs­kampagne des Kinderspitals an? Matthias Bisang zieht Bilanz.

Wer die besten Fachkräfte gewinnen will, muss auch am besten kommunizieren. Matthias Bisang, HR-Leiter des Kinderspitals Zürich, zieht eine erste Bilanz der neuartigen Rekrutierungskampagne.

Die wichtigsten Erkenntnisse in Kürze

  • Im «War for Talents» ist zielgerichtetes Employer Branding der Schlüssel zum Erfolg
  • Substantielle Investitionen ins Personalmarketing sind unabdingbar
  • Eine klare Positionierung und eine überzeugende Candidate Experience sind matchentscheidend
  • Ein vereinfachtes Bewerbungsverfahren bedeutet nicht automatisch Qualitätsverlust
  • Eine Personalmarketing-Kampagne bietet die Chance, Vorurteile abzubauen und Einstellungen zu verändern
  • Auch wenn die Kampagne auf eine Zielgruppe ausgerichtet ist, wirkt sie sich positiv auf das ganze Arbeitgeber-Image aus
  • Die Jobsuche findet online statt – deshalb sollte der Schwerpunkt auch beim integrierten Online-Marketing liegen
  • Die eigenen Mitarbeitenden sind die besten Botschafter und Job-Vermittler

Das Interview mit Matthias Bisang

Das Kinderspital Zürich hat die einfachste Bewerbung der Branche lanciert. Wie sieht die «15-Sekunden-Bewerbung» in der Praxis aus: Test bestanden?

Ja, und zwar mit Bravour. Früher erhielten wir auf ein Stelleninserat für diplomierte Pflegefachpersonen ein bis drei Bewerbungen. Mit der neuen Kampagne haben wir nur schon in den ersten zwei Monaten über 200 Kontaktanfragen erhalten – darunter sind zahlreiche geeignete Pflegefachkräfte, die wir nun auf diesem Weg anstellen konnten.

Wie hoch sind die Zugriffe auf Kampagnen-Microsite und -Videos?

Die Microsite verzeichnete in den ersten beiden Monaten über 12‘000 Unique Visitors und unsere Job-Videos wurden rund 30‘000 Mal angeschaut. Für uns ist damit klar, dass diese niederschwellige Art der Kontaktaufnahme einen klaren Mehrwert bietet und wir mehr Leute ansprechen können als zuvor. Die Bewerberinnen und Bewerber schätzen insbesondere auch, dass sie kein Motivationsschreiben mehr aufsetzen müssen.

Interessierte können sich also mit wenigen Klicks auf der Microsite bewerben. Wie verläuft der weitere Prozess?

Nach dieser ersten niederschwelligen Kontaktaufnahme – es dauert wirklich nicht länger als 15 Sekunden – wollen wir auch den weiteren Verlauf einfach halten. Dazu rufen wir die Person am nächsten, spätestens am übernächsten Tag an und nehmen während des Gesprächs eine erste Selektion vor. Passende Kandidatinnen und Kandidaten vermitteln wir weiter an die Linie. In den meisten Fällen findet dann ein Probetag mit einem Bewerbungsgespräch statt.

Ist der Streuverlust bei dieser Art von Rekrutierung nicht zu gross?

Ein gewisser Streuverlust ist unvermeidlich, den Fünfer und das Weggli erhält man nicht gleichzeitig. Für uns war es einfach wichtig, die Hemmschwelle für eine Bewerbung zu senken. Wir haben nämlich festgestellt, dass viele Fachkräfte ohne pädiatrische Zusatzausbildung sich gar nicht trauten, sich bei uns zu bewerben. Andere wiederum waren der Meinung, dass beim Kispi die Bewerberinnen und Bewerber sowieso Schlange stehen und es sich gar nicht lohnt, es zu versuchen. Was falsch ist. Es ist deshalb wichtig, dass wir in einem ersten Schritt mit möglichst vielen potenziellen Mitarbeitenden in Kontakt kommen. Ob es passt, zeigt sich später. Wir sind überzeugt, dass sich diese breitere Zielgruppenansprache lohnt, denn sie wirkt sich über die Rekrutierung hinaus positiv auf unser Arbeitgeberimage aus.

Personalvermittlung wäre keine Alternative?

Personal auf diese Weise «einzukaufen», kommt allerhöchstens als Notlösung in Frage. Wir suchen Menschen, die explizit bei uns arbeiten wollen. Leute, die den Kispi-Spirit kennen und selbst mitgestalten wollen. Diese Leute finden wir kaum über eine Vermittlung.

Wir suchen Menschen, die den Kispi-Spirit mitgestalten wollen.

Die Kampagne setzt fast ausschliesslich auf Online-Marketing, um Fachleute anzusprechen. Wie kam es dazu?

Dass wir Online-Kanäle nutzen, ist nicht neu. Bereits im Jahr 2014 hatten wir ein neues, interaktives Stelleninserat gestaltet. Als Vorbereitung auf die neue Kampagne haben wir unsere eigenen Mitarbeitenden befragt, auf welchen Kanälen sie nach einer neuen Stelle suchen würden – vor allem online, stellte sich heraus. Der Trend der Digitalisierung schreitet voran. Menschen finden ihre Jobs nicht mehr in Zeitungen, sondern suchen unterwegs mit ihrem Smartphone oder pflegen ihre Netzwerke auf Facebook. Online-Marketing ist da nur die logische Folge.

Mockup auf Smartphone und Laptop: Einfache Bewerbung fürs Kinderspital Zürich
4 Felder, 15 Sekunden – fertig ist die Bewerbung.

Wie sieht es mit älteren Bewerberinnen aus?

Wir haben bereits zahlreiche Bewerbungen von älteren Interessentinnen erhalten, die unsere Werbung auf Facebook entdeckt haben oder von Bekannten oder ihren Kindern darauf aufmerksam gemacht wurden.
Mit der Kampagne sprechen wir gezielt ein heterogenes Publikum an, das heisst Pflegefachleute unterschiedlichen Alters, in verschiedenen Lebenssituationen. In der Praxis ist es aber schon so, dass unsere Pflegemitarbeitenden eher jung und vorwiegend weiblich sind. Viele Frauen, die in jüngeren Jahren in der Pflege gearbeitet haben, arbeiten mit 40 nicht mehr in ihrem Beruf oder nur noch Teilzeit. Sie in unserem Betrieb zu halten oder erneut dafür zu gewinnen, ist ein klares Ziel.

Wie wird die Kampagne intern wahrgenommen?

Die Reaktionen sind sehr positiv. Das zeigt die hohe Bereitschaft, freiwillig an der Kampagne mitzuwirken. Wir haben ganz bewusst Mitarbeitende ausgewählt, die charakteristisch sind. Damit zeigen wir, dass wir offen sind für verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Geschichten – ob jung, alt, tätowiert, mit und ohne Migrationshintergrund, Mutter oder Vater. Dass die Kampagne auch intern auf gutes Echo stösst, lässt sich auf Facebook sehr schön beobachten. Unsere eigenen Mitarbeitenden liken und teilen die Beiträge fleissig und kommentieren sie.

Die Angst vor einem Shitstorm auf Facebook ist bei Unternehmen verbreitet. Wie war das beim Kinderspital?

Es gab auch bei uns skeptische Stimmen. Die Erfahrung nach den ersten Monaten zeigt jedoch, dass Facebook eine grossartige Möglichkeit ist, Einblick in unser Spital zu geben und mit vielen kleinen Geschichten und Beiträgen aufzuzeigen, was uns bewegt und wie es sich anfühlt, bei uns zu arbeiten. Diese Transparenz wird von Pflegefachleuten sehr geschätzt. Nebst vielen positiven Feedbacks gab es selbstverständlich auch kritische Kommentare. Auch diese sind für uns aber wertvoll, weil wir dadurch besser verstehen, was potenzielle Mitarbeitende beschäftigt. Die grösste Überraschung war für uns die Resonanz auf Social Media. Mit Facebook haben wir in zwei Monaten insgesamt über eine halbe Million Personen aus unserer Zielgruppe erreicht und über diesen Kanal auch am meisten Bewerbungen erhalten.

Die grösste Überraschung war für uns, dass wir über Facebook am meisten Bewerbungen erhalten.

Um 30 Stellen zu besetzen, hat das Kinderspital eine ganze Kommunikationsplattform aufgebaut – hat sich dieser grosse Aufwand gelohnt?

Die 30 Stellen sind ja nur ein Teil, die natürliche Fluktuation kommt hinzu. Ausserdem können wir davon ausgehen, dass sich die Kampagne auch auf andere Berufsgruppen und unser Image positiv auswirkt und nachhallt. Wir suchen nicht nur viele Leute, sondern die besten Leute, die es auf dem Markt gibt. Mit Botschaften wie «In unserer Disziplin spielen wir in der Champions League» geben wir ein Statement ab – dieser hohe Qualitätsanspruch muss sich auch in der Kommunikation widerspiegeln. Deshalb war es ein absolut richtiger Entscheid, für dieses Projekt externe Kommunikationsprofis an Bord zu holen.

Wie geht es weiter mit der Kampagne?

Wir werden die Kampagne evaluieren und entscheiden, welche Teile wir weiterverfolgen. Es ist ganz klar, dass unser Employer Branding in der einen oder anderen Form weitergehen muss. Bevor es soweit ist, haben wir aber noch eine weitere Überraschung im Köcher.

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